Mit der ,,geheimen Bibliothek“ liefert Autor Ralf Isau die Vorgeschichte zur „Unendlichen Geschichte“ Michael Endes: Der junge Karl Konrad Koreander zögert im Deutschland der 30er Jahre auf die Annonce des Antiquariats Trutz zu antworten. Dabei liebt er Bücher, traut sich jedoch nicht zu, die Verantwortung zu tragen, das Geschäft nach Ableben (oder Verschwinden!) des alten Thaddäus Trutz zu übernehmen. Plötzlich findet er sich dann allerdings in einer prekären Situation wieder- der alte Buchhändler stellt ihn überraschend schon nach einem kurzen Gespräch ein, verschwindet dann jedoch spurlos in den Weiten seines Labyrinths aus Hinterzimmern. Der zögerliche Karl muss nun entscheiden, was zu tun ist, denn ihm bleibt nicht viel Zeit, die Generalvollmacht, die Herr Trutz ihm dummerweise ohne seine Unterschrift übergeben hat, zu einem rechtskräftigen Dokument zu machen. Als dann auch noch ein dunkler Unbekannter versucht, Feuer in der Buchhandlung zu legen, weiß Karl, dass er sich auf die Suche nach dem Ladenbesitzer machen muss. Auch er betritt die phantasische Bibliothek, deren Tor das Antiquariat bildet und findet sich vor eine ungeheure Aufgabe gestellt: Die Bücher der Bibliothek verschwinden spurlos, zurück bleibt nur das ominöse Nichts, das zu bekämpfen Thaddäus Trutz ausgezogen ist. Karl erlebt auf seiner Suche nach dem betagten Herrn allerlei Abenteuer und muss über sich selbst hinauswachsen, um nicht nur das Antiquariat, sondern ganz Phantásien vor dem Untergang zu retten.
Fazit: Diese erst auf Anregung Michael Endes veröffentlichte Geschichte um die Abenteuer des schüchternen Karl Konrad Koreander liefert dem Leser interessantes Hintergrundwissen zu dem griesgrämigen Bibliothekar der ,,Unendlichen Geschichte“. Der junge Karl, dem es so an Selbstbewusstsein mangelt, steht sich häufig selbst im Weg und lernt erst nach und nach, auf sich zu vertrauen. Erscheint dem Leser die Bedrohung durch das Nichts anfangs noch nebensächlich, so verdrängt sie gegen Ende Karls Sorge um seine Generalvollmacht vollständig. Nicht nur Zauderer Karl, sondern auch die anderen Figuren der Erzählung, als da wären der verschrobene Thaddäus Tillmann Trutz und die mutige Pilotin Qutopía, sind liebevoll ausgearbeitet und lassen den Leser mitfiebern. Sehr schön sind auch der Wiedereintritt in die Menschenwelt in Verbindung mit zeitgeschichtlichen Geschehnissen, sowie die Anknüpfung an die ,,Unendliche Geschichte“ gelungen. Nie wieder wird der alte Karl Konrad Koreander Michael Endes dem Leser unsympathisch sein können.
Ich kenne die Unendliche Geschichte als Film, wollte sie jedoch irgendwann auch mal lesen. Findest du, man kann / sollte dieses Buch vorher lesen?
Das Buch kann man vorher auf jeden Fall lesen, ohne der Unendlichen Geschichte etwas wegzunehmen.
Ich habe es aber einige Jahre nach der Unendlichen Geschichte gelesen und fand es schön, noch einmal in die Geschichte eintauchen und gleichzeitig viele Hintergrundinformationen (wenn auch von einem anderen Autor) bekommen zu können. Könnte ich es heute entscheiden, würde ich wieder Endes ,,Original“ zuerst lesen; dieses Buch hier ist eher ein ,,Prequel“.
„Die Legenden von Phantásien“ umfassen ja mehrere Bände. Die anderen hast du noch nicht gelesen, oder? Hast du es vor?
Oh, schön, dass du darauf hinweist, ich habe die Entwicklung gar nicht verfolgt. Ich denke, ich habe mit mit der ,,Bibliothek des TTT“ von Phantásien verabschiedet. ,,Die unendliche Geschichte“ habe ich als Kind/Jugendliche sehr gern gelesen und würde sie auch als Vorlesebuch hernehmen, aber selbst noch einmal in das Universum eintauchen möchte ich nicht. Im Moment plane ich für den Fantasy-Bereich ein Reread des Herrn der Ringe und lese in den A Song of Ice and Fire-Büchern von George R. R. Martin.