In seinem Kapitel über Platon (ca. 428-348 v.Chr.) geht Weischedel besonders auf den durch dessen Ansichten geprägten Begriff der „platonischen Liebe“, einer Liebe, welche nicht auf Begehren, sondern auf seelischer Zuneigung und Respekt vor dem anderen gründet, ein. Was sich so wohlwollend gegenüber Menschen beiderlei Geschlechts anhört, schränkt Platon selbst wieder durch seine misogyne Sicht ein. In seinem Denken war das Weibliche ein Fluch, der dem Männlichen auferlegt worden war; die Ehe diente nur der Zeugung und Aufzucht von möglichst wohlgeratenen Kindern und sollte keine private Sache, sondern Angelegenheit des Staates sein. Nach Platons Vorstellung sollte die Frau in den Besitz des Mannes übergehen, nachdem dieser sich das Recht zu heiraten durch kriegerische Leistungen erworben hatte.
Der Begriff „platonische Liebe“ ist einer Begebenheit aus Platons Werk Symposion, aus welchem sich auch ein großer Teil unseres Wissens über Sokrates speist, entnommen: Der junge Alkibiades berichtet von seinen Annäherungsversuchen, nachdem ihm zu Ohren gekommen war, dass sein Lehrer Sokrates eine Schwäche für schöne Jünglinge haben solle (was im Griechenland dieser Zeit schon fast zum guten Ton gehörte). Sokrates bedeutet Alkidiades jedoch, dass er eine innere Schönheit in ihm sehe, die sehr viel mehr wert sei, als sein jugendliches Äußeres.
Den Weg von der sinnlichen zur philosophischen (platonischen) Liebe beschreibt Platon im Symposion, indem er Sokrates berichten lässt, was er als Geheimnis von Diotima, einer Seherin, erfahren habe: Die sinnliche Liebe sei die Sehnsucht nach dem Schönen; wer aber nach Schönem strebe, der trachte von Natur aus danach, es ewig besitzen zu wollen, d.h. er trachtet nach Unsterblichkeit und zeugt Kinder, um durch diese unsterblich zu werden. Der Junge wendet sich also äußerer Schönheit zu und liebt einen einzigen Menschen. Dann bemerkt er die Schönheit eines anderen und erkennt, dass diese der seines Geliebten ähnlich und verwandt ist. Er kommt zu der Erkenntnis, dass alle Schönheit gleich ist und liebt, aus dieser Schlussfolgerung heraus, nun alle Menschen und nicht nur einen einzigen. Er beginnt, die Schönheit der Seele für wichtiger zu halten als die Schönheit des Körpers und gelangt schließlich zu der Erkenntnis, was das Wesen des Schönen in Wahrheit ist.
Teil der platonischen Liebe ist damit nicht allein das Zurückdrängen der Lust, sondern auch die Erkenntnis, was das Wesen der Schönheit selbst ist. Dieser Gedanke ist wiederrum eng verbunden mit Platons Ideenlehre.
Die Ideenlehre
Inspiriert von der Enttäuschung über die Politik seiner Zeit, und der Ungerechtigkeit der Hinrichtung Sokrates´ schlussfolgert Platon: Wenn der Mensch im Staat zugrunde geht, stimmt etwas mit dem Staat selbst nicht. Die Lösung liege in der radikalen Besinnung auf sein Fundament, d.h. auf Gerechtigkeit. So gelangt Platon bei der Frage nach richtigem Verhalten zu dem Schluss, dass jeder Mensch wisse, was es mit den Tugenden Gerechtigkeit, Tapferkeit, Besonnenheit, Frömmigkeit und Weisheit auf sich habe, da er in seiner Seele die Urbilder dieser Tugenden trage, welche seine Handlungen bestimmen können und sollen.
Weiter führt er aus, dass der Zusammenhang zwischen Realität und Urbild bei allen Dingen bestehe: So kann der Mensch den Baum als Baum erkennen, weil der bereits in seinem Innern weiß, was ein Baum ist.
„Die Erkenntnis der gesamten Wirklichkeit wird allein dadurch möglich, dass der Mensch in seiner Seele Urbilder des Seienden besitzt.“ S.46
Alles strebe danach, im Dasein seine Idee zu verwirklichen, der Baum also danach, möglichst Baum zu sein und der Mensch, möglichst Mensch. Damit ist die Welt ein Ort des stetigen Dranges zur Vollkommenheit und die Dinge bloße Abbilder der Ideen, welche sie wirklich sind. Die Ideen sind im Gegensatz zu den Dingen der Welt ewig und unvergänglich.
Daraus ergibt sich die Frage, woher der Mensch die Urbilder in seiner Seele erhalten hat? Platon meint, er könne sie nicht durch Erfahrung während seiner zeitlichen Existenz erworben haben (um einen Baum zu erkennen, muss man wissen, was ein Baum ist). Das Erkennen der Dinge sei lediglich ein Wiedererkennen, denn dem Menschen sei das Wissen um die Urbilder bereits vor seiner zeitlichen Existenz zugekommen, in einem Dasein vor seiner Geburt. Platon spricht sich also für eine Präexistenz der Seele und ihre Unsterblichkeit aus. Seine Vorstellung vom Dasein vor der zeitlichen Existenz beschreibt er in seinem Werk Phaidros: Die Seelen fahren zusammen mit den Göttern durch den Himmel, wo sie dann die Urbilder erblicken. Die Sehnsucht nach diesem Erlebnis begleite den Menschen sein ganzes Leben lang und bilde den Antrieb, sich von allem Sinnlichen zu befreien. Dies sei auch Philosophie: Die Anstrengung des Menschen, schon im irdischen Leben wieder das Wahrhaftige zu sehen.
In der Antike wurden die Weichen gestellt (Ideen entwickelt) für die grundlegenden philosophischen Konzepte des Seins und der Realitätswahrnehmung – und da ist Platon natürlich ganz besonders berühmt. „Platons Höhlengleichnis“ wird auch heute noch ständig thematisiert. 1964 wurde der Roman Simulacron-3 von Daniel F. Daniel publiziert. Da geht es in erster Linie um Platons Höhlengleichnis, aber auch um Sokrates und das Wissen und Nichtwissen:
„Wenn es um dieses NICHTS oder NICHT wissen geht, so müssen wir uns auf die Berichterstattung nach Platon konzentrieren. Von Sokrates selber gibt es nämlich keine schriftlichen Zeugnisse (bestenfalls ein paar Fragmente, wenn überhaupt). Da werden noch mehr Varianten ins Spiel gebracht: „Offenbar bin ich […] um eine Kleinigkeit weiser, eben darum, dass ich, was ich nicht weiß, auch nicht zu wissen glaube.“ Auch in dieser Variante erscheint NICHTS als eher fehlerhafte Interpretation / Übersetzung.“
Der Roman Simulacron-3 war die Vorlage für mehrere Filme, beispielsweise Welt am Draht aus dem Jahr 1973 ->
https://info-allerlei.de/welt-am-draht.php