Misogynie: Die älteste Diskriminierung der Welt – so titelt der Verlag Zweitausendeins über das Werk des Journalisten Jack Holland.
Der Inhalt
In acht Kapiteln berichtet Holland von der Entstehung der Misogynie, erstmals nachweisbar im alten Griechenland, über ihre Auswüchse im alten Rom. Er greift das Paradox von Marienverehrung und Hexenverbrennung im Christentum auf. Holland beleuchtet auch das verzerrte Frauenbild im viktorianischen Zeitalter und gelangt darüber schließlich bis in unsere Zeit. Dabei stellt er Pornografie und islamistische Frauenfeinde in die lange Reihe ihrer Vorgänger.
Holland geht chronologisch vor und bezieht sich zuerst auf die frühen Schöpfungs- und Göttermythen. Er zeichnet die daraus abgeleitete Realpolitik der Zeit nach. Dabei scheint es, als habe diese ausschließlich von Männern gemachte Politik allein darauf abgezielt, Frauen durch abstruse Ehe- und Scheidungsgesetze möglichst klein zu halten. Aber dabei belässt der Autor es nicht. Er setzt dem Leser auch altbekannte Geschichten wie die der sexbesessenen Messalina vor und analysiert, wie solche Geschichten prügelnden Ehemännern in früher Zeit willkommene Rechtfertigung boten. Es sind Geschichten, die wir heute als bekanntes Kulturgut feiern und ob der großen Dichternamen kaum hinterfragen,
Klare Kante
Besonders beeindruckend an Hollands Werk ist die Unnachgiebigkeit, mit der er dem Frauenhass durch die Jahrtausende nachspürt und psychologische Hintergründe beleuchtet. Er bezieht gleich zu Beginn Position und beschreibt, dass männliche Bekannte, denen er von seiner Arbeit erzählte, schmunzelnd davon ausgingen, dass er an einer Rechtfertigung der Misogynie – sofern ihnen dieser Begriff denn geläufig war – arbeitete. Die Frauen stellten dagegen gespannte Nachfragen zu seinen Rechercheergebnissen. Sympathiepunkte beim geneigten Leser sammelt er schon im Vorwort seiner Arbeit, wenn er auf die Frage, warum gerade ein Mann ein Buch über Frauenhass schreibt, schlicht antwortet: Weil Männer ihn erfunden haben.
Ein neuer Blickwinkel
Holland betrachtet die Geschichtsschreibung fast ausschließlich vom Standpunkt der Misogynie aus, was Kritiker „einseitig“ nennen könnten. Doch ist Hollands Blickwinkel ein mutiger, völlig neuer, in keinem Geschichtsbuch zu findender. Holland beschreibt Gewalt gegen Frauen in politisch instabilen, an sich schon menschenverachtenden, Systemen. Dabei mangelt es ihm an schockierenden Beispielen nicht. Er zeigt er mit unvergleichlicher Klarheit auf, dass scheinbar religiös oder politisch motivierte Verbrechen immer besonders Verbrechen von Männern an Frauen sind. Darin gleichen sich die Täter aller Anschauungen und Überzeugungen.
Fazit
Jack Hollands Chronik des Frauenhasses ist gelungen, wichtig und viel zu wenig beachtet. Vor allem aber ist sie absolut lesenswert – für Menschen beiderlei Geschlechts.
Jack Holland „Misogynie – Die Geschichte des Frauenhasses“, Zweitausendeins 2007, 405 S.
Geschichte des Abendlandes, Religionsgeschichte, Rolle der Frau im Wandel der Zeit
Weitere Meinungen zum Buch bei
Afrikawissenschaft
Aviva/Stefanie Denkert
Hat dies auf RENATES BLOG rebloggt und kommentierte:
Habe ich gerade entdeckt. Muss es noch lesen.. kennt jemand von euch dieses Buch?
Es wird schon häufig berichtet, dass Frauen bereits in der Antike nicht erwünscht waren. Aber könnte es echten Frauenhass noch heute geben? Zunächst würde man wohl eher mit nein antworten. Berichtet wird aber trotzdem von sogenannten Femiziden:
„Heute ist in diesem Zusammenhang vom Fachbegriff geschlechtsspezifischer Femizid die Rede. Dabei werden männliche Babys bevorzugt und weibliche Babys getötet. Im Rahmen der 1-Kind-Politik soll es beispielsweise in China häufig zu Femiziden gekommen sein. In Indien wurde eine auffallend hohe Sterblichkeitsrate bei Mädchen unter 5 Jahren festgestellt (Erhebung aus den 2000er Jahren).“ ->
https://www.mythologie-antike.com/t1294-iphis-mythologie-tochter-des-ligdus