So viele Eindrücke. So viele Menschen. So viele Bücher!
Schon am Donnerstag waren die fünf Hallen der Leipziger Messe gut besucht. Nachdem ich mir einen ersten Überblick verschafft hatte – einfach drauflos, den Messeplan für Orientierungsnotfälle in der Tasche – konnte es losgehen.
Halle 1: Mangas und Comics
Schon am Donnerstag war Halle 1 am besten besucht; zu dem wohl geringsten Altersdurchschnitt kam die höchste Dichte an kostümierten Besuchern. Zwischen Haaren in allen Regenbogenfarben gibt es hier Konzerte und Ninja-Vorführungen, einen Stand zum Erlernen des Go-Spiels, Bogenschießen, Teegarten und eine Menge Comics, aber noch mehr Mangas und Merchandise. Ich selbst war auf der Suche nach Altauflagen, musste aber schnell feststellen, dass fast ausschließlich neue Ware angeboten wurde. Wer ebenso auf der Suche ist, könnte aber im Laufe des Wochenendes an dem Bring&Buy-Stand Glück haben. Das größte Spektakel der Buchmesse findet man hier auf jeden Fall.
Halle 2, 3 und 4: Große Verlage und Zeitschriften
Halle 2 beherbergt viel Kinder- und Jugendliteratur, einen Theaterbus, Schulbücher und Material für den Schüler- und Lehreralltag. Außerdem gibt es hier ein Familiencafé und die sogenannten Lesebuden – gute Möglichkeiten sich mal kurz auszuruhen.
Halle 3 ist bunt gemischt: Das „Forum Religion“ nimmt hier einen großen Platz ein; es finden sich Hörbuchstände und viele Stände zu Kunstbüchern. Wer sich über Sach- und Reisebücher informieren will, ist hier auch richtig.
In der vierten Halle wurde die Messebuchhandlung ausgebaut. Man kann aber auch direkt an den Ständen einen der mobilen Verkäufer heranwinken und das Buch gleich vor Ort einpacken. Die großen deutschsprachigen Zeitungen und Zeitschriften sind auch vor allem in Halle 3 und 4 angesiedelt. Hier gibt es auch ein multimediales Angebot verschiedener öffentlich-rechtlicher Fernsehsender – wenn Platz ist, optimal, um die Füße zu entlasten und ein paar bewegte Bilder zu sehen.
Literatur aus aller Welt
Halle 4 hat einen großen Bereich internationaler Literatur und wer wie ich keine Ahnung hatte, welche Bücher gerade so in Lettland und Litauen erscheinen (überraschend viele und wunderschön illustrierte Kinderbücher!), kann sich hier informieren lassen. Die deutschsprachigen Länder haben tendenziell größere Stände, aber auch die sonstigen europäischen und außereuropäischen Staaten bieten übersetzte Literatur an. So gibt es am sehr puristischen saudi-arabischen Stand deutsch-arabische Kinderbücher, bei den Ungarn viele deutsche Übersetzungen, dafür am tschechischen Stand fast ausschließlich tschechischsprachige Literatur und am US-amerikanischen Stand einen lebensgroßen Obama-Aufsteller und Reiseprospekte. Es ist spannend zu sehen, wie unterschiedlich die verschiedenen Staaten ihre Ausstellungsflächen nutzen.
Vom Schreiben und Lesen durch die Jahrhunderte
In Halle 4 hatte ich auch ein interessantes Gespräch mit dem Historiker Hanno Blohm von Bund für deutsche Schrift und Sprache e.V. Der Verein setzt sich für die Erhaltung verschiedener deutscher Schriftarten als Kulturgut ein und bietet Unterstützung beim Schreiben- und Lesenlernen an. Herr Blohm spricht mit so großer Begeisterung über die alten Schriften und die Wichtigkeit, mit der Hand zu schreiben, dass man binnen weniger Minuten beginnt, seine Begeisterung zu teilen. Während wir synchron den Kopf darüber schüttelten, dass der Verein 1941 in NS-Deutschland verboten worden war, weil er „Judenschrift“ propagiere, bekam ich mit, wie viele Leute an den Stand traten und sofort persönliche Geschichten erzählten: Da ging es um unleserliche Briefe der Großeltern oder erste missglückte Schreibversuche. Wer sich für Geschichte und Handschrift begeistern kann, sollte hier unbedingt vorbeischauen.
Halle 5: Unabhängige Verlage und Autorenarena
In Halle 5 war die große „Autorenarena“ der Leipziger Volkszeitung aufgebaut, hier gibt es mindestens im Stundentakt Interviews mit teils prominenten AutorInnen. Ansonsten versammeln sich in Halle 5 vor allem die kleinen unabhängigen Verlage, deren Bücher häufig nicht in den großen Buchhandelsketten zu bekommen sind. Einige sehr junge Verlage erschienen gar mit nur einer einzigen Publikation. Das war aber eher die Ausnahme; hier hat man aber immer wieder die tolle Gelegenheit, den Verleger oder die Verlegerin selbst am Stand zu treffen und sich über die Verlagsprogramme, die häufig gerade erst im Werden sind, informieren zu lassen. Ab und zu trifft man auch einen der Autoren, der am Stand mithilft und dabei gleich Rede und Antwort zum eigenen Buch steht. Ich traf dabei auf einen Lyriker, der den ausliegenden Musical-Text einer Kollegin lobte. Viel verstanden habe ich nicht, aber es ging um Toastbrot.
Arabische Schriftstellerinnen im Fokus
Zeit für ein Gespräch mit mir nahm sich Herr Abdul Rahman Alawi vom Alawi-Verlag aus Köln. Nachdem der Stand mit einem Banner für arabische Literatur warb, erfuhr ich schnell, dass sich Herr Alawi auf bisher nicht in Fremdsprachen übersetzte arabischsprachige Schriftstellerinnen spezialisiert hat. Eine Nische zugegebenermaßen, aber so interessant, dass ich in einem späteren Beitrag mehr von dem Gespräch erzählen möchte.
Literaturzeitschriften als rare Aussteller
Literaturzeitschriften waren überraschend selten vertreten. Eine, auf die ich aufmerksam geworden bin, ist die „Wortschau“, die verschiedene Textgattungen veröffentlicht und in Zusammenarbeit mit den Illustrationen verschiedener Künstler dreimal jährlich erscheint. Zum Gespräch mit einem der Herausgeber, Wolfgang Allinger, gibt’s demnächst mehr.
Just-in-Time-Erscheinung
Am Stand des Mirabilis-Verlags traf ich den Autor und Illustrator Florian Arnold, dessen erste Novelle „Ein ungeheuerlicher Satz“ letztes Jahr gleich auf die Hotlist der unabhängigen Verlage hüpfte und damit als eines der dreißig besten Bücher aus Deutschland, Österreich und der Schweiz nominiert wurde. Sein neuer, diesmal fantastischer Roman „Die Ferne“ schaffte es gerade am Wochenende vor der Buchmesse aus dem Druck: Der Autor wirkte entspannt – hat ja schließlich noch alles geklappt.
Preis der Leipziger Buchmesse
Wer denkt, bei den kleinen Verlagen sei weniger los, der irrt. Spätestens als der Verlag Schöffling & Co gleich zwei Buchpreise abräumte (Guntram Vesper für „Frohburg“ und Brigitte Döbert für ihre Übersetzung aus dem Serbischen), gab es einen riesigen Menschenauflauf vor dem kleinen Stand – und eine Menge Sekt.
Fazit
Nach zwei Tagen endete die Buchmesse für mich am Freitagabend und ich muss gestehen: ich bin jetzt noch k.o. Mit fünf riesigen Hallen ist die Messe ein großes Spektakel und auch, wenn man hin und wieder kleine Ruheinseln findet, so ist man doch hauptsächlich auf Achse: für die vielen Gespräche, die Vorträge zu verschiedensten Bücherthemen (übrigens auch zum Thema Studium und Karriere im Verlagswesen) und nicht zuletzt als begeisterter Leser, der sich neu eindecken muss. Wer die Möglichkeit hat, noch hinzufahren, nichts wie los – es lohnt sich!
2 Gedanken zu „Leipziger Buchmesse #2“