Oscar Wilde: Ernst sein ist alles (1895)

Selten habe ich beim Lesen eines Theaterstückes so oft laut aufgelacht. Nicht, dass ich mich damit brüsten könnte, schon besonders viele Stücke gelesen zu haben, aber dennoch meine ich: Oscar Wildes Komödie schafft etwas wirklich Besonderes, denn sie ist beim Lesen einfach unglaublich lustig. Schon ohne Schauspieler, Bühne und Requisiten schmunzelt man leise oder laut vor sich hin und kommt sich nicht nur einmal vor, als lese man den Text zu einer heutigen Sitcom.

oskar_wilde_grau

Die Hauptpersonen sind schnell beschrieben (Achtung, sehr britisch gewählte Namen): Algernon möchte das Mündel seines Freundes Jack heiraten. Jack möchte Algernons Cousine heiraten. Gegen beides hat Algernons Tante Lady Bracknell eine Menge einzuwenden (Name, gesellschaftliches Ansehen, Geld, gesellschaftliches Ansehen, Geld). Die beiden Angebeteten hingegen sind begeistert, denn ihre jeweiligen Verlobten stellen sich ihnen unter dem ehrenwerten Namen „Ernest“ vor – welche Frau wünscht sich keinen Ernest an ihrer Seite? – und sind insgeheim sogar bereit, sich geschwind auf diesen Namen taufen zu lassen. Dumm nur, dass dann beide unerwartet aufeinander treffen, ohne sich abgesprochen zu haben.

Das Stück ließ sich im englischen Original gut lesen, die Witze waren pointiert und resultierten gerade zu Beginn häufiger aus Wortwitz als aus Situationskomik. Britischer Snobismus aus Jane Austen-Zeiten und beste-Freundinnen-Gehabe werden gnadenlos auf die Schippe genommen, der hedonistische Dandy triumphiert. Gerade zum Ende hin, wo Wilde mehr auf die Situationskomik gesetzt hat, droht das Stück ein wenig ins Alberne abzurutschen. Das trübt aber nur unwesentlich den heiteren Gesamteindruck, den ,,The Importance of Being Ernest“ beim Lesen hinterlässt.

Oscar Wilde, Ernst sein ist alles (OT: The Importance of Being Ernest), verschiedene Ausgaben.


Das erste Theaterstück, das ich in der Gutenberg-App auf meinem Smartphone gelesen habe: in angenehmer Schriftgröße und gut leserlichem Satz. Trotzdem ist es immer noch ermüdender, als einfach ein Buch in die Hand zu nehmen. Dafür allerdings leichter mit sich herum zu tragen. Der Link zur kostenlosen Vollversion beim Projekt Gutenberg:
http://www.gutenberg.org/ebooks/844

Dieser Titel ist Teil meiner k1024_leseliste

6 Gedanken zu „Oscar Wilde: Ernst sein ist alles (1895)

Schreibe einen Kommentar

Deine E-Mail-Adresse wird nicht veröffentlicht. Erforderliche Felder sind mit * markiert

Diese Website verwendet Akismet, um Spam zu reduzieren. Erfahre mehr darüber, wie deine Kommentardaten verarbeitet werden.

Verwandte Beiträge

Beginne damit, deinen Suchbegriff oben einzugeben und drücke Enter für die Suche. Drücke ESC, um abzubrechen.

Zurück nach oben