Irmin Burdekat: Der Katholische Bahnhof (2020)

Der Katholische Bahnhof

„Familiensaga oder so. Irgendwas Fettes wie die Buddenbrooks, verstehst du? Aber schön seriös.“

Inhalt

Ronald betreibt die Kneipe „Der Katholische Bahnhof“, liegt im ewigen Clinch mit seiner Ex-Partnerin wegen des gemeinsamen Sohns Ché-Daniel und steht finanziell genaugenommen stetig am Rande des Abgrunds. Da kommt es ihm sehr gelegen, dass der nichtsnutzige Sohn des örtlichen Großindustriellen an seiner Theke steht und ihm einen Haufen Geld dafür bietet, dass Ronald ein Buch über die Familiengeschichte des alten Geldadels schreibt.

„Familiensaga oder so. Irgendwas Fettes wie die Buddenbrooks, verstehst du? Aber schön seriös.“

S. 9

Mit einem Bier beim Spiel von Arminia Bielefeld besiegelt, macht Ronald sich an die Recherche und stößt auf eine unerwartete Liebesgeschichte, die in den 40iger Jahren im Ruhrpott begann und bis ins ferne Kanada führt.

Figuren

Irmin Burdekat erzählt die Geschichte abwechselnd aus der Sicht des Liebespaares Marlene und Manfred und des Kneipiers Ronald. Die Lebenswege der drei Figuren verlaufen völlig unterschiedlich und sind dabei gleichermaßen spannend zu verfolgen. Marlene und Manfred bauen je unabhängig voneinander ein eigenes Firmenimperium auf und bleiben dabei im Herzen die beiden unglücklich verliebten Teenager. Ronald dagegen fügt sich mit viel Witz und schnoddrigem Humor in seine Situation als dauerabgebrannter Kneipenbesitzer und entflammt immer mehr für die jahrzehntealte Liebe des vom Schicksal gebeutelten Paares, um die beiden letztendlich wieder miteinander in Kontakt zu bringen.

Hier wird mit viel Witz alles aufs Korn genommen

„Der Katholische Bahnhof“ ist mit viel Humor geschrieben. Während sich die Sprache der jeweiligen Figur und deren Lebensalter anpasst, bleibt ihnen der Witz durchgehend erhalten. Burdekat schreibt mit einem Augenzwinkern die Geschichte einer Industriellenfamilie im Nachkriegsdeutschland. Dort geht nicht alles mit rechten Dingen zu, Standesdünkel, Intrigen und SS-Vergangenheit inklusive. Aber auch die übertriebene Frömmigkeit der „kleinen Leute“, die sich im Buch vor allem in fehlender geistiger Flexibilität ausdrückt, nimmt Burdekat aufs Korn.

„Father Fitzgerald ist nichts Menschliches fremd. Das sieht man schon an seiner Haushälterin mit ihren zwei unehelichen Kindern, die ihn korrekterweise auch Father nennen, wie die gesamte Gemeinde.“

S. 125

 

Dabei gelingt es Irmin Burdekat, dem Mitbegründer der Restaurantkette „Café & Bar Celona“, gleichzeitig ein anschauliches Bild westdeutscher Spießigkeit als auch aufkommenden kanadischen Unternehmergeistes zu zeichnen.

Fazit

Der Katholische Bahnhof von Irmin Burdekat ist ein humorvoller Roman mit sympathischen Figuren, der auf unorthodoxe Weise eine jahrzehntelange Liebesgeschichte erzählt und dabei so einige Spleens der westdeutschen Nachkriegsgesellschaft aufs Korn nimmt. Leseempfehlung!

 


Irmin Burdekat, Der Katholische Bahnhof, Berg & Feierabend 2020, 255 S., 20 €.

Mehr Humor

Munroe, Randall: What if? Was wäre wenn?

Reinwarth, Alexandra: Das Leben ist zu kurz für später

Wilson, Christopher: Guten Morgen, Genosse Elefant

2 Gedanken zu „Irmin Burdekat: Der Katholische Bahnhof (2020)

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