Im Jahr 2022 war es lebensbedingt ziemlich ruhig hier auf dem Blog. Zwar machten gut 20 Bücher den Weg durch meine Hände, im Vergleich zu den Vorjahren ist die Auswahl an potenziellen Lieblingsbüchern damit aber eher gering. Weniger Zeit zum Lesen brachte aber auch weniger Buchkäufe mit sich, sodass fast alle Lieblingsbücher im Jahr 2022 von meinem Stapel ungelesener Bücher stammen.
Mark Lawrence: Book of the Ancestor-Trilogie (Fantasy)
Schon länger war ich auf der Suche nach einer kurzweiligen, dabei aber soliden Fantasy-Reihe. Der US-amerikanisch-britische Autor Mark Lawrence lief mir dabei immer wieder über den Weg. Schließlich ließ ich mich von den zahlreichen positiven Besprechungen der Reihe im Netz überzeugen und startete mit dem ersten Band „Red Sister“ (dt. „Waffenschwestern“) in die Book of the Ancestor-Trilogie – und wurde nicht enttäuscht!
Lawrence erschafft eine mittelalterliche Welt mit magischen Elementen, in der die anfangs kindliche Protagonistin Nona zwischen Kirchenpolitik, Hungersnöten und nahenden Kriegsfronten aufgerieben zu werden droht. In einem Kloster erfährt sie eine Ausbildung als (Kampf-)Nonne und lernt gemeinsam mit anderen Mädchen, mit ihren magischen Fähigkeiten umzugehen.
Meine anfängliche Skepsis wegen vermeintlicher Parallelen zur Harry Potter-Reihe wie einer großmütterlichen Schulleiterin, Unterricht in magischen Fertigkeiten und ähnlicher Figurenkonstellationen (die beste Freundin, die Feindin, die feindselige Lehrerin) verlor ich recht schnell, denn die Book of the Ancestor-Trilogie ist etwas ganz Eigenes. Mark Lawrence treibt seine teils düstere Geschichte ungleich rasanter voran und packt Handlung, die für weit mehr Bände gereicht hätte, in diese Trilogie. Dieses Tempo behält er auch in den Folgebänden „Grey Sister“ (dt. „Klingentänzer“) und „Holy Sister“ (dt. „Schattenkämpfer“) bei. Der immer wieder aufblitzende Humor im Wechsel mit düsteren, teils blutigen Szenen machen die Reihe zusammen mit der selbstverständlichen Diversität der Figuren für mich zu einem Highlight im Lesejahr 2022.
Emily Carr: Klee Wyck, die die lacht (Erzählungen)
Die Neuauflage der Erzählungen der kanadischen Malerin Emily Carr (1871-1945) aus dem Jahr 1941 sind ein wahres Goldstück. Emily Carr reiste – meist begleitet von ihren Hunden und Katzen – an der Westküste Kanadas entlang, um Totempfähle und indianische Kunst zu malen. In ihren an diese Reisen angelehnten Erzählungen nimmt sie dabei nicht die Perspektive einer Ethnologin ein, sondern ist stets mitten im Geschehen, lacht und weint gemeinsam mit ihren Freunden und Bekannten in den Reservaten.
Die Ausgabe aus dem Verlag Das kulturelle Gedächtnis stützt sich anders als die Ausgaben der letzten Jahrzehnte auf den Originaltext Carrs und macht vorgenommene Zensuren rückgängig. So ist in jeder Erzählung die große Empathie der durch die Kunst der First Nations beeinflussten Malerin und Autorin Emily Carr erkennbar. Das von den Missionsbestrebungen der Kirchen und der kanadischen Regierung angerichtete Unheil benennt Carr dabei ebenso schonungslos offen wie kulturelle Eigenheiten der Pazifikstämme.
Ursula März: Tante Martl (Roman)
In „Tante Martl“ beschreibt die Erzählerin, die wie die Autorin ebenfalls Ursula heißt, den Lebensweg ihrer Patentante, und die Marotten und Eigenheiten, die deren Leben in der pfälzischen Provinz prägten. Besonders gefallen hat mir der respektvolle, herzerwärmende Ton, der nicht ohne Augenzwinkern so manches Verhalten der alten Dame aufs Korn nimmt. Eingebettet in ein Gespann aus drei Schwestern, beschreibt Ursula März die Auswirkungen, die das Familiengefüge auf ihre Figur hat und wie es deren Leben bis zum Tod in hohem Alter prägt. Ich habe viele Ansichten und Eigenheiten der Großelterngeneration wiedererkannt und „Tante Martl“ in einem Rutsch durchgelesen.
Herbert Heinrich Beckmann: Es sind Kinder (Roman)
Wenn die Beziehung sowieso schon am seidenen Faden hängt, trägt es nicht zur partnerschaftlichen Harmonie bei, wenn der gemeinsame Sohn während des Urlaubs auf einer baltischen Insel irgendwo in der Pampa entführt wird. Basierend auf einem Hörspiel seziert Herbert Heinrich Beckmann die Beziehung seiner Protagonisten Tine und Stefan so messerscharf, dass es wehtut. In den Dialogen sitzt jedes Wort – und jeder Schlag unter die Gürtellinie sowieso. Die Geschichte einer dysfunktionalen Beziehung, die aufgrund einer subtilen Bedrohung immer weiter in die Schieflage gerät, hat mich gefesselt. Wer Freude an Werken wie „Der Gott des Gemetzels“ hat, wird auch hier auf seine Kosten kommen.
Gaston Dorre: In 20 Sprachen um die Welt (Sachbuch)
Fremdsprachen faszinieren mich seit der Englischunterricht in der fünften Klasse begann. Sprachfamilien, verschiedene Alphabete, historische Sprachentwicklung – einen ganzen Abend kann ich mit Wikipedia-Artikeln hierzu verbringen. Gaston Dorrens Werk „In 20 Sprachen um die Welt. Die größten Sprachen und was sie so besonders macht“ veranschaulicht auf unterhaltsame Weise den Siegeszug der derzeit 20 meistgesprochenen Sprachen und geht dabei auf spannende Feinheiten wie „Männer- und Frauensprache“ im Japanischen ebenso ein wie die selbstverständliche Mehrsprachigkeit vieler Bewohner afrikanischer Länder. Er erklärt, wie sich die europäischen Sprachen in Nordamerika verbreiteten, warum es hier knappe Kopf- an Kopfrennen gab und warum das Französische in vielen Bereichen durch Englisch abgelöst wurde.
Sehr gut gefallen hat mir, dass Dorren sich zwar ausführlich mit den größten romanischen Sprachen beschäftigt, aber ebenso kenntnisreich auf süd- und ostasiatische Sprachen (Japanisch, Koreanisch, Javanisch, Hindi-Urdu. Malaiisch, Panjabi, Vietnamesisch, Tamil, Bengalisch) eingeht und auch Suaheli nicht außen vor lässt. Die Beschreibungen der einzelnen Sprachen mit ihren kulturell bedingten Besonderheiten umfassen immer wieder Ausflüge in die Eigenheiten geografisch benachbarter Sprachen und (kolonisatorisch) bedingter Einflüsse.
So, das waren meine 5 Lieblingsbücher im Jahr 2022. Kennt ihr welche davon? Welche anderen Bücher haben euch im Jahr 2022 beeindruckt?
Ich wünsche euch allen einen guten Jahreswechsel!
Hier geht’s zu Lieblingsbüchern 2022 auf anderen Blogs:
Translate or Die
Nacht und Tag
Lesen macht glücklich
Meine Lieblingsbücher aus vorherigen Jahren:
Das Buch von Emily Carr und „Tante Martl“ hab ich auch auf der Wunschliste, vielleicht ordne ich die mal in eine höhere Priorität ein (bei 2.500 Büchern auf der Wunschliste…) 🙂
Wünsche dir auch ein gutes Jahr!
Danke!
2500 Bücher? Wow, das ist ja eine ganz schöne Stange – wie priorisierst du denn da bzw. erledigen sich manche Wünsche im Laufe der Zeit nicht schon wieder?
Beide Bücher kann man sehr schnell durchlesen, gerade Tante Martl ist schön für zwischendurch! 😀
Ich interessiere mich einfach für zu vieles. Sind sehr viele Sachbücher dabei. Ich hab auf Goodreads eine Kategorie „Prio1“, ansonsten suche ich oft per Zufallsgenerator nach zu kaufenden Büchern.
Hallo Jana,
mein Dezember war etwas turbulent, deshalb schaffe ich es erst jetzt bei dir vorbei. 🙂
Ich hoffe du bist gut ins neue Jahr gestartet.
Ich glaube ich muss endlich mal „Waffenschwester“ lesen, irgendwie finden das alle so super gut und es steht leider schon länger bei mir ungelesen im Regal. Vielleicht schaffe ich es ja endlich mal dieses Jahr. Möchte eh mal schauen ob ich nicht alle ungelesenen ersten Bände einer Reihe bei mir im Regal schaffe zu lesen. Dann weiß ich auch ob es sich lohnt die Reihe weiter zu verfolgen. 😉
Liebe Grüße
Diana
Hallo Diana, ich hoffe, du bist auch gut ins neue Jahr gestartet! 🙂 Waffenschwester hatte ich mir tatsächlich auch schon vor über einem Jahr besorgt und ungelesen ins Regal gestellt. Als ich das Buch dann endlich mal in die Hand genommen habe, habe ich sofort die beiden anderen Bücher der Reihe gekauft, weil ich wissen wollte, wie es weitergeht. Den Ansatz, die Reihe erst einmal auszuprobieren bin ich auch gefahren – besser ein „schlechtes“ Buch im Regal als drei. 😀 Aber das traf hier überhaupt nicht zu. Ich bin gespannt, wie es dir gefallen wird.
Viele Grüße
Jana
Du kaufst tatsächlich weniger Bücher, wenn du weniger Zeit zum Lesen hast? Ha, davon sollte ich mir mal eine Scheibe abschneiden 🙂
Deine Top 5 kenne ich bisher alle nicht, aber die Trilogie klingt spannend. Ich muss unbedingt mal wieder mehr Fantasy lesen. Die Bücher reizen mich oft, aber dann greife ich doch selten danach.
„In 20 Sprachen um die Welt“ klingt richtig spannend, als jemand der Sprachen studiert hat, muss ich mir das dringend mal näher anschauen!
Ja, in der letzten Zeit habe ich sowieso immer weniger Bücher gekauft, und wenn, dann fast nur noch gebraucht. Ich habe mit der Read-O-App vor zwei Wochen eine Inventur meines SuB gemacht und ganz erschreckt festgestellt, dass er an der Dreistelligkeit kratzt. Davon möchte ich jetzt erst einmal runter kommen, aktuelle Bücher leihe ich derzeit in der Bibliothek aus (hilft dem SuB auch nicht :-D). Ich bin gespannt, was du zu „In 20 Sprachen um die Welt“ sagst!
Die Bibliothek ist wirklich eine gute Alternative. Zwar wird der SuB so nicht niedriger, aber wenigstens auch nicht höher 🙂
Huhu Jana,
nach deinem Kommentar bei meinem Jahresrückblick musste ich natürlich auch dir einen kurzen Besuch abstatten.
Von deinen Highlights habe ich noch keins gelesen, sie klingen aber alle interessant.
So, jetzt stöbere ich noch ein bisschen weiter…
Liebe Grüße
Sophia
Hallo Sophia, ja, im Jahr 2022 waren es wirklich bei mir insgesamt nicht so viele Bücher – da hatte ich fast Probleme, überhaupt eine „Lieblingsliste“ zusammen zu bekommen. In diesem Jahr läuft es besser an und ich bin zuversichtlicher. Ich mag diese Übersichtsbeiträge auf anderen Blogs sehr und werde dort immer inspiriert. Viele Grüße!