Matthew Weiner: Alles über Heather (2017)

Ein junges Mädchen wird zur Projektionsfläche für die Wünsche ihrer Eltern und eines psychopatischen Gewaltverbrechers. Matthew Weiner, der Macher der TV-Serien Mad Men und Die Sopranos, veröffentlicht mit „Alles über Heather“ seinen ersten Roman und erzählt eine beklemmende Geschichte ohne schmückendes Beiwerk, dafür aber mit dem Seziermesser an der Psyche seiner Figuren. Ein kurzer und dabei sehr kraftvoller Roman.

Weiner_Alles über Heather

Als Karen und Mark Breakstone spät Eltern werden und sich gut situiert in Manhattan niederlassen, dreht sich ihr Leben fortan nur noch um ihre wunderbare Tochter Heather. Robert hat nicht so viel Glück mit seinen Eltern und flieht so schnell wie möglich vor seiner heroinabhängigen Mutter. Nach einem Gefängnisaufenthalt heuert er als Bauarbeiter in New York an. Aus der Ferne wirft er begehrliche Blicke auf Heather – Blicke, die ihrem Vater nicht verborgen bleiben.

Die Figuren in diesem Buch scheinen gerade wie besessen zu sein von Heather, die zu einem intelligenten, empathischen und hübschen Teenager heranwächst. Die Perfektion in Person, für sie stürzen ihre Eltern sich und ihre Ehe in den Abgrund, während Heather in dem wenig älteren Robert Begehrlichkeiten weckt, von deren Ausmaß nur ihr Vater Mark etwas ahnt.

Matthew Weiner legt die Psyche seiner Figuren unter das Vergrößerungsglas und seziert sie fein säuberlich von der ersten Seite an. Was für den Leser eine enorme Klarheit bringt, verleitet stellenweise dazu, die Figuren als allzu naiv zu bewerten, da der Antrieb für ihr Handeln dem Leser von Anfang an unzweideutig präsentiert wird. Trotzdem rätselt man bis zum Schluss, worauf die Geschichte zusteuert. Nach allem, was ich gelesen hatte, hielt ich sie gar für eine Liebesgeschichte. Nun, das ist nur die halbe Wahrheit und das Ende überrascht.

„Alles über Heather“ ist ein perfekt durchkomponierter Roman mit äußerst präzisier Sprache. Zusammen mit der formvollendeten Gestaltung durch den Verlag entsteht ein Buch, das man in einem Atemzug durchlesen wird. Eine klare Empfehlung.

Matthew Weiner, „Alles über Heather“ (OT: „Heather, The Totality“, aus dem Englischen von Bernhard Robben), Rowohlt 2017, 144 S., 16€, ISBN: 978-3-498-09463-8.

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9 Gedanken zu „Matthew Weiner: Alles über Heather (2017)

  1. Das klingt tatsächlich sehr interessant 🙂
    Ich bin immer etwas skeptisch wenn man so direkt die gesamte Seelenwelt der Charaktere auf dem Silbertablett serviert bekommt, aber es kann auch durchaus richtig eingesetzt ein geniales Werkzeug sein.
    Ich werde mir das Buch definitiv merken… denn so wie du es beschreibst scheint er wirklich gut auf die Psychischen Seiten einzugehen und damit zu spielen ^^

    1. Ja, die ,,Gefahr, die ich beim Lesen bemerkt habe, ist, dass man als Leser eher geneigt ist, die Figuren für naiv zu halten. Deshalb sehe ich die Technik auch nicht uneingeschränkt positiv. Aber hier hat es, auch aufgrund der Kürze des Romans, doch sehr gut gepasst.

      1. Habe mich nun weiter über das Buch informiert… es scheint wirklich interessant… ich denke ich werde deiner Empehlung folgen, danke dir! 🙂

  2. Liebe Jana,
    Ich habe das Buch vor Kurzem auch gelesen und war leider nicht sehr beeindruckt. Es ist schon ein gutes Buch, aber irgendwie hat mir was gefehlt. Die Figuren sind mir nie wirklich nahe gekommen und so habe ich ihr Schicksal mit nur mäßigem Interesse verfolgt. Irgendwie wollte der Funke einfach nicht überspringen. Freut mich aber, dass es dir besser gefallen hat.
    Liebe Grüße, Julia

    1. Liebe Julia,

      den Aspekt, den du ansprichst, kann ich nachvollziehen. Ich fand auch, dass man durch die Erzählweise geneigt war, die Figuren für naiv zu halten und sich dadurch gewissermaßen von ihnen zu distanzieren. Das ist ganz bestimmt eine ,,Gefahr“, die das Buch birgt, gut, dass du es ansprichst.

      Ich lese gerade Colleen Hoovers ,,It ends with us“, ich finde, hier gelingt die Identifikation mit den Figuren besser, auch, wenn man ihr Handeln von außen nicht gut heißt.

      Viele liebe Grüße
      Jana

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